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Wie Bares, bloß digital: Was der digitale Euro leisten muss

Veröffentlicht am 26.04.2021

Als Leiter des Wertdrucks bei der Bundesdruckerei GmbH ist Dr. Dieter Sauter der „Herr der Banknoten“. Und doch befasst er sich in seinem Team längst mit dem Thema digitaler Euro (digitale Zentralbankwährungen). Im Expertentipp erklärt er, inwieweit dieser sich von etablierten Kryptowährungen unterscheiden würde, welche Chancen er eröffnet und wie wichtig dabei der Datenschutz ist.

Experteninterview mit
Dr. Dieter Sauter, Leitung Wertdruck, Bundesdruckerei GmbH
Dr. Dieter Sauter
Leiter Wertdruck bei der Bundesdruckerei GmbH

Digitales Zentralbankgeld: bequem, anonym und sicher

Wir haben Kreditkarten und die Palette von Online-Zahlungsdiensten wird immer breiter. Wozu brauchen wir da überhaupt eine digitale Währung?

Hier lohnt zunächst ein Blick auf den großen Vorteil des Bargelds: Es ist immer verwendbar und anonym. Im Gegensatz zum Giralgeld. Bei dem lassen sich Transaktionen nachvollziehen. Zudem deckt eine Privatbank das Geld auf dem Konto nur bis zu 100.000 Euro – ginge sie bankrott, könnte man also unverschuldet Geld verlieren. Außerdem ist Giralgeld lediglich online abgebildet – es ist jedoch keinesfalls digital. Diese Eigenschaft kann nur eine Kryptowährung haben, die für gewöhnlich auf Verschlüsselungswerkzeugen wie der Blockchain und digitalen Signaturen basiert.

Aber es gibt Unterschiede: Währungen wie Bitcoin oder Diem etwa werden von privaten Anbietern ausgegeben und sind meist nicht durch einen Gegenwert gedeckt. Wir bei der Bundesdruckerei GmbH sehen daher eher Potenzial in der sogenannten Central Bank Digital Currency (CBDC). Wie Bargeld würde diese Währung von einer Zentralbank direkt an die Bürger ausgegeben werden. Sie wäre anonym und sogar offlinefähig – also immer verwendbar. Wobei man zugeben muss, dass die genaue technische Ausgestaltung noch nicht definiert ist.

Wieso sollte sich digitales Zentralbankgeld gegen die bereits etablierten privaten Kryptowährungen durchsetzen?

Ich denke, hier geht es um Vertrauen. Eine Zentralbank steht für Stabilität und bürgt für ihre Zahlungsmittel. Zudem verdient sie nicht daran, dass der Bürger das Geld nutzt. Bei privaten Anbietern müsste man dagegen immer prüfen, welches Geschäftsmodell zugrunde liegt.

Es heißt, eine digitale Währung würde Innovationen im Massenzahlungsverkehr fördern. Über welche Innovationen sprechen wir da?

Die CBDC würde ja nicht nur der Bürger verwenden. Zusätzlich gäbe es neue Bezahlformen und Geschäftsmodelle. Bisher kennen wir Business-to-Consumer (B2C), Business-to-Business (B2B) und Consumer-to-Consumer (C2C). Mithilfe einer digitalen Währung aber ließe sich die Kommunikation zwischen Maschinen erweitern und Zahlungen ließen sich noch weiter automatisieren. Ein Beispiel: Ich betanke mein Auto und am Ende zahlt das Fahrzeug automatisch.

Das klingt nach viel Komfort. Aber der Komfort digitaler Technologien wirft ja zwangsläufig Fragen nach dem Datenschutz auf ...

Datenschutz ist für digitales Zentralbankgeld überlebenswichtig. Ich persönlich finde, er muss unbedingt gewahrt bleiben – es sei denn, dies würde das Geldwäschegesetz oder andere Regularien kompromittieren. Für die öffentliche Akzeptanz einer CBDC dürfte der Datenschutz ebenfalls entscheidend sein. Die Europäische Zentralbank (EZB) befragte Anfang des Jahrs über 8.000 Europäer zum digitalen Euro. Dabei kam heraus, dass 47 Prozent den Datenschutz als die wichtigste Eigenschaft einer solchen Währung sehen. Weitere Ergebnisse: Der digitale Euro soll sicher und EU-weit sowie offline nutzbar sein. Und natürlich soll er keine zusätzlichen Kosten verursachen.

Zum Thema Sicherheit: Bei Banknoten sollen Sicherheitsmerkmale Fälschungen verhindern. Wie schützt man eine digitale Währung?

Banknoten sind Hochsicherheitsprodukte, bei denen der Schutz über das Material und die Produktionsprozesse erfolgt. Durch Hochsicherheitsmerkmale versuchen wir, Fälschern immer einen Schritt voraus zu sein. Bei einer digitalen Währung sind das A und O eine dezentrale Datenbankstruktur sowie kryptografische Schlüssel. Und genau diese Technologien sollten so exklusiv sein wie die Materialien und Prozesse hinter einer Banknote. Auf eines können wir uns dabei auf jeden Fall verlassen: Bevor eine Zentralbank eine digitale Währung ausgibt, wird sie diese ausreichend getestet haben. Ich bin daher optimistisch, dass die Nachteile und Risiken gegen null gehen.

Beim Wertdruck ist die Bundesdruckerei GmbH ein führender Anbieter. Wie intensiv beschäftigt sie sich denn mit dem Thema digitaler Euro?

Unsere Kunden sind die Zentralbanken. Da sich weltweit bereits 86 Prozent von ihnen mit CBDCs beschäftigen, tun wir das natürlich auch.

Was wiederum zur unvermeidlichen Frage führt: Wird die Kryptowährung das Ende des Bargelds bedeuten?

Die EZB hat ganz klar erklärt, dass ein digitaler Euro parallel zum Bargeld eingeführt wird. Ich sehe keinen Grund, daran zu zweifeln. Auch in anderen Teilen der Welt wird meiner Meinung nach Bargeld noch sehr lange Bestand haben und zirkulieren. Aber klar: Bei dem Tempo, in dem sich die Welt aktuell wandelt, sind eindeutige Prognosen für die Zukunft schwer. Doch obwohl alles digitaler wird, geht der Trend gleichzeitig hin zu physischen Back-up-Lösungen, um uns beispielsweise vor Blackouts zu schützen.

Es gibt unterschiedliche Ansichten dazu, wie schnell eine europäische Kryptowährung verfügbar wäre. Die Optimisten meinen, die technischen Herausforderungen würden sich in Grenzen halten. Stimmt das? Oder anders gefragt: Wie sähe die Technologie für einen digitalen Euro aus – sprechen wir da grundsätzlich von einer Blockchain-Lösung?

Auf der Welt wurden schon einige CBDCs emittiert. Das heißt: Es gibt schon verfügbare Technologien, um sie zu realisieren. Generell existieren viele unterschiedliche Ansätze: Entwicklungsländer, in denen kein ausgereiftes Bankensystem existiert, die aber eine große Handy-Abdeckung haben, entscheiden sich wahrscheinlich für eine andere Lösung als Länder mit einem starken Bankensystem. Und ob ein digitaler Euro auf der Blockchain-Technologie basieren wird, kann am Ende natürlich nur die EZB beantworten.

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